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Die Vorromanik

  • Autorenbild: Andreas Bricks
    Andreas Bricks
  • 8. Apr.
  • 3 Min. Lesezeit

ca. 500 bis 1000 n.Chr.

 



Santa Maria del Naranco
Santa Maria del Naranco



 

Die Vorromanik, eine faszinierende Epoche der europäischen Kunstgeschichte, markiert den Übergang von der Spätantike zur Romanik und umfasst die Zeit vom 5. bis ins 11. Jahrhundert. Sie ist gekennzeichnet durch eine Vielfalt an regionalen Stilen und Einflüssen, die sich in der Architektur, der Skulptur und der Malerei manifestieren.


In der Baukunst der Vorromanik lassen sich verschiedene Strömungen erkennen, die jeweils von den politischen und kulturellen Gegebenheiten ihrer Zeit geprägt waren. Die merowingische Architektur, benannt nach dem fränkischen Herrschergeschlecht der Merowinger, zeichnet sich durch einfache, funktionale Bauten aus, die oft aus wiederverwendeten römischen Materialien errichtet wurden. Ein bemerkenswertes Beispiel ist das Baptisterium Saint-Jean in Poitiers, das die frühe christliche Baukunst in Frankreich widerspiegelt.


Die karolingische Architektur, die unter der Herrschaft Karls des Großen und seiner Nachfolger entstand, brachte eine Wiederbelebung antiker Formen und eine Hinwendung zu monumentalen Bauten mit sich. Der Aachener Dom, ein Meisterwerk karolingischer Baukunst, zeugt von der Pracht und dem Anspruch dieser Zeit. Ebenso die Torhalle in Lorsch.


Die ottonische Architektur, benannt nach dem sächsischen Herrschergeschlecht der Ottonen, entwickelte die karolingischen Formen weiter und führte zu einer stärkeren Ausprägung des Kirchenbaus. Die Stiftskirche St. Cyriakus in Gernrode und die Michaeliskirche in Hildesheim sind herausragende Beispiele ottonischer Baukunst, die durch ihre klaren Linien und ihre harmonische Raumgestaltung bestechen.


Neben diesen Hauptströmungen gab es auch regionale Besonderheiten, wie die westgotische Architektur in Spanien und die langobardische Architektur in Italien, die jeweils eigene charakteristische Merkmale aufwiesen. Die westgotische Architektur zeichnet sich durch ihre massiven, wehrhaften Bauten aus, während die langobardische Architektur durch ihre Backsteinbauten und ihre ornamentale Vielfalt beeindruckt.


Die Vorromanik legte den Grundstein für die Entwicklung der romanischen Baukunst, die im 11. und 12. Jahrhundert ihre Blütezeit erlebte. Die Innovationen und Errungenschaften der Vorromanik, wie die Entwicklung des Westwerks und die Verwendung von Gewölben, trugen maßgeblich zur Entstehung der romanischen Kathedralen bei.


Allgemeine Merkmale:

  • Einfachheit und Schlichtheit: Vorromanische Bauten wirken oft gedrungen und archaisch. Sie sind weniger prunkvoll und detailreich als spätere romanische oder gotische Bauwerke.

  • Massive Bauweise: Die Bauten weisen oft dicke, festungsartige Mauern auf, die einen wehrhaften Eindruck vermitteln.

  • Rundbögen: Der Rundbogen ist ein zentrales Element der vorromanischen Architektur. Er findet sich in Fenstern, Türen und Arkaden.

  • Begrenzte Fenster: Die Fenster sind in der Regel klein und spärlich, was zu dunklen Innenräumen führt.

  • Verwendung von Naturstein: Vorromanische Bauten wurden häufig aus grob behauenem Naturstein errichtet.


Besondere Merkmale im Kirchenbau:

  • Basilika-Grundriss: Viele vorromanische Kirchen folgen dem basilikalen Grundriss, der aus einem Mittelschiff und zwei Seitenschiffen besteht.

  • Zentralbauten: Neben Basiliken gab es auch Zentralbauten, die sich um einen zentralen Raum gruppieren.

  • Westwerk: Ein charakteristisches Merkmal vieler vorromanischer Kirchen ist das Westwerk, ein monumentaler Baukörper am westlichen Ende der Kirche.

  • Krypten: Unter dem Chorraum befindet sich oft eine Krypta, ein unterirdischer Raum, in dem Reliquien aufbewahrt wurden.


Vorromanische Epochen und ihre Eigenheiten:

  • Merowingische Kunst (ca. 5. bis 8. Jahrhundert):

    • Einfache, oft kleine Kirchenbauten.

    • Frühe Formen der Basilika.

  • Karolingische Kunst (ca. 8. bis 10. Jahrhundert):

    • Beeinflusst von der römischen Architektur.

    • Entwicklung des Westwerks.

    • Verwendung von Gewölben.

  • Ottonische Kunst (ca. 10. bis 11. Jahrhundert):

    • Höhepunkt der vorromanischen Baukunst.

    • Monumentale Kirchenbauten.

    • Reichhaltige Ausstattung mit Skulpturen und Malereien.


Bedeutende Bauwerke aus dieser Epoche:


Frühchristliche Architektur

  • Grabmal des Theoderich in Ravenna: Dieses Mausoleum ist ein beeindruckendes Beispiel ostgotischer Baukunst.

  • Baptisterien in der französischen Provence: Dazu gehören die Baptisterien in Fréjus, Venasque, Riez und Aix-en-Provence, die Einflüsse der römischen Architektur zeigen.

Merowingische Architektur

  • Baptisterium Saint-Jean in Poitiers: Es handelt sich um ein umgebautes römisches Gebäude aus dem 4. Jahrhundert.

  • Krypta Saint-Paul in Jouarre: Diese Krypta ist ein frühes Beispiel merowingischer Grabarchitektur.

Karolingische Architektur

  • Pfalzkapelle Aachen: Dieses Bauwerk ist ein herausragendes Beispiel karolingischer Architektur und ein Meisterwerk der damaligen Baukunst.

  • Torhalle Lorsch: Die Torhalle des Klosters Lorsch ist ein weiteres bedeutendes karolingisches Bauwerk.

  • Klosterbauten der Reichenau: Die Klosterinsel Reichenau beherbergt mehrere Kirchen aus karolingischer Zeit.

Ottonische Architektur

  • Michaeliskirche in Hildesheim: Diese Kirche ist ein bedeutendes Beispiel ottonischer Baukunst und ein UNESCO-Weltkulturerbe.

  • Stiftskirche St. Cyriakus in Gernrode: Diese Kirche ist eine der ältesten erhaltenen ottonischen Kirchen.

  • St. Pantaleon in Köln: Diese Kirche beeindruckt durch ihre mächtige Dreiturmfassade.

Diese Bauwerke zeigen die Vielfalt und den Reichtum der vorromanischen Architektur, die wichtige Grundlagen für die nachfolgende romanische Baukunst schuf.


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